Jülicher Schlosskonzerte©
Klassische Kammermusik im historischen Ambiente - seit 1979
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22. Januar 2017
Hugo Kauder- Ensemble
das "Quintett-Projekt"
Das Hugo Kauder Trio Ivan Danko, Oboe Róbert Lakatos, Viola Ladislav Fanzowitz, Klavier und als Gäste Zohar Lerner, Violine Francis Gouton, Violoncello
Ivan Danko (Oboe), Róbert Lakatos (Viola) und Ladislav Fanzowitz (Klavier) sind seit ihren gemeinsamen Studientagen am Konservatorium der slowakischen Hauptstadt Bratislava befreundet und haben seither immer wieder zusammen musiziert. 2008 schließlich rief Ivan Danko, inzwischen Solooboist der Stuttgarter Staatsoper, seine Freunde zusammen und gründete mit ihnen das Hugo-Kauder-Trio (Hugo Kauder, ein tschechischer Komponist 1888-1972). Auftritte - hauptsächlich in Deutschland und der Slowakei - ließen nicht lange auf sich warten. 2010 erschien eine erste CD des Ensembles (Kauder, Klughardt, Kahn). Auch international ist das Trio mittlerweile tätig, und im Oktober 2014 erfolgte das Debüt in den USA mit Konzerten in New York und Washington. Bei ihrer Suche nach geeignetem Repertoire scheuen die drei Musiker nicht die zuweilen mühsame Recherche in Bibliotheken und Archiven, denn eine gehörige Portion Idealismus und Entdeckergeist gehört schon dazu, wenn man mit dem Anspruch antritt, verborgene Schätze zu heben. Der Schwerpunkt des Hugo Kauder Trios liegt auf solchen Werken des 19. und 20. Jahrhunderts, die nach ihrer Überzeugung zu selten gespielt werden. Die künstlerische Qualität der Werke ist dabei alleinige Richtschnur des Ensembles: Was ihren Anforderungen nicht genügt, wird nicht gespielt. So garantiert das Hugo Kauder Trio auch ohne Beethoven, Mozart oder Brahms Musikgenuss auf Spitzenniveau, bei dem keine Wünsche offen bleiben. In der Schlosskapelle der Zitadelle Jülich beglückte uns das Hugo Kauder Trio im Februar 2013 im Rahmen dieser Kammerkonzertreihe. Für das neue „Quintett–Projekt“ hat Ivan Danko zwei namhafte Solisten als Gäste eingeladen – den israelischen Geiger Zohar Lerner und den französischen Cellist Francis Gouton.
Ivan Danko (Oboe), Absolvent der Hochschule für Musik und Theater in
München (Prof. Günther Passin) ist seit 2001 als erster Solooboist im Orchester
der Stuttgarter Staatsoper engagiert und gastiert regelmäßig in weiteren
bedeutenden Orchestern wie dem Deutschen Symphonie Orchester Berlin, den
Bamberger Symphonikern, dem Münchener Kammerorchester und dem Württembergischen
Kammerorchester Heilbronn. In den Jahren 2005 bis 2009 trat er auch als
Solooboist im Orchester Solistes Européens Luxembourg auf. Zusammen mit dem
Pianisten Ladislav Fanzowitz nahm er 2008 seine Debüt-CD (Slovak Radio Records)
auf, die von der internationalen Fachpresse als herausragend gelobt wurde. Im
September 2009 gewann er den 1. Preis bei der „International Hugo Kauder
Competition“ in New Haven (USA) und begeisterte das Publikum mit der
Uraufführung des Concerto
for Oboe and String Orchestra (1926)von Hugo Kauder. 2009 wurde ihm der
Titel „artis doctor“ an der Hochschule für Musische Künste in Bratislava
(Slowakische Republik) verliehen. Róbert Lakatos (Bratsche) ist Absolvent der Hochschule für Musische Künste in Bratislava. Von 1997 bis 2003 war er Mitglied der Slowakischen Philharmonie. Seit sechs Jahren ist er als stellvertretender Solobratschist im Orchester Solistes Européens Luxembourg engagiert. Er ist ein international anerkannter Solist und Kammermusiker. Zu seinen wichtigsten Erfolgen gehören die Soloauftritte mit Julian Rachlin. Gemeinsam führten sie das 6. Brandenburgische Konzert begleitet von den Pressburger Philharmonikern auf, gaben ein Konzert bei der UNO in New York und gingen mit den Solisten Europeéns Luxembourg auf Konzerttournee. Neben der klassischen Musik widmet sich Lakatos leidenschaftlich der ungarischen Volksmusik. In Crossover-Projekten etablierte er sich erfolgreich mit seiner eigenen Gruppe Rév und brachte zwei CDs heraus. Als Leader des Projekts „Csillagok, Csillagok...“ führte Lakatos die besten ungarischen Musiker aus der klassischen Musik, Volksmusik und der Jazzszene zusammen. 2006 wurde „Csillagok, Csillagok...“ zum ersten Mal im Béla Bartók Nationalen Konzertsaal in Budapest aufgeführt. Ladislav Fanzowitz (Klavier) schloss sein Studium am Staatlichen Konservatorium in Bratislava als "Bester Absolvent des Jahres" ab. Danach studierte er an der Akademie der Musische Künste in Prag, an der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst sowie an der Hochschule für Musische Künste in Bratislava. Er nahm an mehreren Meisterkursen unter anderem bei Jan Wijn, Abbey Simon, György Sándor, Marián Lapšanský, Karl Heinz Kämmerling und Mikhail Voskresensky teil. Fanzowitz ist Preisträger und Finalist mehrerer Wettbewerbe wie dem Internationalen Chopin-Klavier-Wettbewerb in Mariánske Lázne (CZ), dem Internationalen Nyiregyhazi Wettbewerb in Krakau (PL) und dem Internationalen J. N. Hummel Wettbewerb in Bratislava (SK). Fanzowitzs Repertoire umfasst mehr als dreißig Klavierkonzerte vom Barock bis zur Moderne. 2006 erschien seine Debüt-CD mit der h-Moll Sonate von Franz Liszt sowie den virtuosen Transkriptionen von L. Godowsky, V. Horowitz und G. Cziffra. Es folgten weitere acht CDs mit einem sehr breiten solistischen und kammermusikalischen Repertoire. Francis Gouton hat als Solist und Kammermusiker in den wichtigsten Musikzentren Europas, Asiens, Nord- und Süd- Amerikas und Australiens konzertiert, darunter im Kennedy center in Washington, in New York und Los Angeles, in der Queen Elisabeth- und Wigmore Hall in London , der Symphony Hall von Osaka, im Sydney opera house, in der Alten Oper Frankfurt, im Teatro Colon in Buenos Aires, bei den Festpielen in Gstaad, Ludwigsburg, Lyon (musicades), oder Saint-Barthélémy auf den französischen Antillen mit u.a. Thomas Brandis, Jean-Jacques Kantorow, Josef Silverstein, Ana Chumachenko, Nelson Goerner, Emmanuel Pahud, Bruno Pasquier, Jean-Claude Pennetier oder das Jerusalem Quartett. Als Solist ist er u.a. mit dem Staatsorchester Stuttgart, der Camerata Europeana, dem Stuttgarter Kammerorchester, dem Württembergisches Kammerochester Heilbronn, dem Realfilharmonia de Galicia (Spanien), dem orquesta sinfonica de Maracaibo (Venezuela), dem National Orchester in Izmir, und in Japan mit dem Kanagawa philharmonic Yokohama und dem Gunma- und dem Tokyo metroplitan symphony orchestra aufgetreten. Als vielseitiger Musiker spielt er sowohl die 6 Suiten von J.S.Bach als auch das zeitgenössische Werk, wie u.a. Konzerte für Cello und Orchester von Josef Tàl, Isang Yun und Philipp Glass und hat für diverse CD- und Rundfunkproduktionen zahlreiche vergessene Meisterwerke des französischen Repertoires aufgenommen (u.a. Sonaten von Widor, Vierne, Pierné, Emmanuel und Bréville). Mit dem Staatsorchester Stuttgart unter der Leitung von James Tuggle und Sylvain Cambreling hat er 2014 und 2015 die für ihn komponierten Werke "concertpiece for Cello and orchestra" von Milko Lazar und das 2. Cellokonzert von Xaver Paul Thoma uraufgeführt. Gelegentlich tritt er auch an der Seite des Saxophonisten Daniel Schnyder, des Schlagzeugers Jason Marsalis oder in Claude Bollings jazz-trio auf. In jahrelanger enger Zusammenarbeit mit Helmuth Rilling erforschte er als Solocellist des Bach-Collegiums die Welt der Bach-Interpretation. Francis Gouton wurde 2007 Professor an der Musikhochschule in Trossingen und gibt Meisterkurse in ganz Europa, Nord-und Südamerika sowie in Japan und China. Er ist Gastprofessor der Jimei Universität Xiamen, und der Tong Ji Universität Shanghai. Sein großes Anliegen ist die Weitervermittlung der Lehre seiner Professoren Maria Kliegel, Janos Starker und Pierre Fournier. Mehrmals für das Projekt "el sistema" in verschiedenen Städten Venezuelas eingeladen, ging er Januar 2011 nach Port-au-Prince, Haiti, um in einer vom 2010 Erdbeben verwüsteten Schule zu unterrichten. Im Jahr 1993 erhielt er den Europäischen Förderpreis für junge Künstler in Zürich. Er spielt auf einem Violoncello von Domenico Montagnana, Venedig 1734 aus dem Vorbesitz des Cellisten und Komponisten Giacobbo Cervetto, und auf einem für Ihn gebauten Violoncello von Jean-Frédéric Schmitt- Lyon 2010.
Der aus Israel stammende Violinist Zohar Lerner ist Konzertmeister des Württembergischen Kammerorchesters Heilbronn. Er studierte zunächst an der Buchmann-Mehta School of Music in Tel Aviv. Später setzte er sein Studium an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin fort, wo er unter anderem mit Christoph Poppen, Isabelle Faust und Stephan Picard arbeitete. Bereits während seines Studiums gewann er den 1. Preis des Wettbewerbs der Buchmann-Mehta School of Music und war Finalist des Aviv-Wettbewerbs. Meisterkurse u.a. bei Isaac Stern, Pinchas Zukerman, Ida Haendel, Miriam Fried, Rainer Kussmaul, Guy Braunstein sowie dem Melos-, Guarnieri-, Juilliard- und Emerson String Quartet vervollständigten seine Ausbildung. Bereits mit 17 Jahren debütierte Zohar Lerner als Solist mit dem Israel Philharmonic Orchestra unter Zubin Mehta. Er trat als Solist außerdem mit Orchestern wie dem Israel Chamber Orchestra, den Tel-Aviv-Soloists, den Mendelssohn Players, der Staatskapelle Halle, den Berliner Symphonikern und dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn auf. Als Orchestermusiker spielte Zohar Lerner beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin und beim Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und mehrere Jahre im West-Eastern Divan Orchestra unter Daniel Barenboim. Auch mit den Berliner Philharmonikern verbindet ihn eine regelmäßige Zusammenarbeit: In den Jahren 2005-2009 spielte er hier als Gast unter Dirigenten wie Claudio Abbado, Simon Rattle, Mariss Jansons, Nikolaus Harnoncourt, Semyon Bychkov, Christian Thielemann, Bernard Haitink und Daniel Barenboim. Konzerttourneen mit diesem Orchester führten ihn in die USA, die Schweiz, Österreich und Polen. Gast-Konzertmeister war Zohar Lerner beim Israel Kibbutz Chamber Orchestra, bei den Tel-Aviv-Soloists, beim Deutschen Kammerorchester Berlin, beim Neuen Kammerorchester Potsdam, beim Kammerorchester Basel, bei den Berliner Symphonikern, bei der Norwegischen Nationaloper Oslo, beim Staatstheater Mainz, beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, bei der NDR Radiophilharmonie Hannover, beim hr-Sinfonieorchester sowie beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Zohar Lerner ist außerdem gern gesehener Gast der Festivals in Rolandseck, Salzburg, Luzern und Kfar Blum. Er spielt eine Nicolaus Gagliano-Violine von 1754, die ihm das Württembergische Kammerorchester Heilbronn zur Verfügung stellt.
Das Programm
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Quintett Es Dur, KV 452 (in der Bearbeitung von Ernst Naumann) Largo. Allegro moderato - Larghetto - Allegretto
Wolfgang Amadeus Mozart Oboenquartett F Dur, KV 370 Allegro - Adagio - Rondeau. Allegro
― PAUSE ―
(1845-1924) Berceuse (Wiegenlied) für Violine und Klavier Op. 16
(1837-1924) Quintett Allegro - Canzonetta - Adagio non troppo - Allegro con fuoco
Zum Programm Das Es-Dur-Quintett KV 452 komponierte Wolfgang Amadeus Mozart in einer der produktivsten Phasen seines Lebens, im März 1784, und brachte es im Rahmen seiner großen Akademie im Burgtheater am 1. April 1784 zur Uraufführung. Mozart hatte in seinen großen Klavierkonzerten des Frühjahrs 1784 neuartige Bläserklänge erprobt und ließ seine Erfahrungen in diese Komposition fließen. In einem Brief an seinen Vater schrieb er: „das Quintett hat außerordentlichen Beyfall erhalten … Ich selbst halte es für das beste was ich noch in meinem Leben geschrieben habe.“ Der Klangreiz des Werkes, seine geniale Synthese aus konzertierendem und kammermusikalischem Stil und die Schönheit seiner Themen machen das Werk zu einer Perle der Kammermusik. Auf dem Programm steht das Quintett KV 452 als eine Bearbeitung für die Oboe, Streichtrio und Klavier von Ernst Naumann (1832 - 1910). Mozarts einziges Oboen-Quartett wurde für Friedrich Ramm geschrieben, den ersten Oboisten der berühmten Mannheimer Hofkapelle. Von Ramm schwärmten schon die Zeitgenossen: „man sagt nicht zuviel, wenn man behauptet, dass noch keiner den schönen, runden, sanften und wahren Ton auf der Oboe, verbunden mit der schmetternden Tiefe im Forte, sich so vorzüglich zu eigen gemacht habe als er.” Wie üblich nutzte Mozart diese Eigenschaften und Ramms bis zum dreigestrichenen f reichenden Tonumfang für sein Quartett. Es besteht aus einem fein gearbeiteten, “singenden” Allegro-Kopfsatz, einem pathetischen d-moll-Adagio im Gluckschen Stil und einem Rondo im Sechsachteltakt, in dem die Oboe für kurze Zeit in den Viervierteltakt überwechselt, während die Streicher polyrhythmisch im Sechsermetrum bleiben. Über die Musik von Gabriel Fauré äußerte sich sein Lehrer Camille Saint-Saëns überschwänglich: “Man findet in ihr alles, was verführen kann: neue Formen, kühne Modulationen, kuriose Klänge, einen gänzlich unvorhersehbaren Gebrauch der Rhythmen; und über all dem waltet ein Zauber, der das ganze Werk umhüllt und der die breite Masse der gewöhnlichen Zuhörer dazu bringt, ungeahnte Kühnheiten als die natürlichste Sache von der Welt anzusehen.“ Das Wiegenlied op.16 ist eher schlicht gehalten. Sanft und träumerisch fließt die Melodie im sechs Achtel Takt. In diesem relativ kurzen Stück steht zarte Lyrik vor kühner Virtuosität. Théodore Dubois war zu seiner Zeit ein berühmter französischer Organist, vielseitiger Komponist und Theoretiker, seit 1896 Direktor des Pariser Konservatoriums. Er geriet bereits in seinen letzten Lebensjahren in Vergessenheit, seit einiger Zeit jedoch erlebt er ein „comeback“ vor allem mit Orgelwerken, aber auch mit Kammermusik. Sein Werk ist von romantischer Expressivität und Dramatik geprägt, stilistisch konservativ orientierte er sich an Mendelssohn, Schumann und Brahms. Das Quintett für Klavier, Violine, Oboe, Viola und Cello aus dem Jahr 1905 richtet sich an Musiker, die an seltenen Besetzungen Freude haben. Es wundert also nicht, dass Ivan Danko und sein "Hugo Kauder-Trio" dieses Stück zum Anlass nahmen, das Ensemble um eine Geige und ein Violoncello zu erweitern.
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Stand: 08. Februar 2017. |
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