Jülicher Schlosskonzerte©

 

Klassische Kammermusik im historischen Ambiente  - seit 1979

 

 

[Home] [Nach oben] [Konzerte] [Vorschau] [Mediathek] [Tickets] [Sponsoren] [Archiv] [Kontakt] [Impressum]

Ein Klavierabend mit Alexander Krichel findet am Sonntag, 28. April 2024

um 20 Uhr in der Schlosskapelle statt

 

 

12. September 2010

Duo Eß - Kusnezow

 

Eröffnungs-Konzert der Saison 2010/2011

mit dem Duo Eß - Kusnezow

 

Christoph Eß, Horn  Boris Kusnezow, Klavier

 

Die Saison 2010/11 der „Jülicher Schlosskonzerte“ wird vom Duo Eß - Kusnezow mit Werken für Horn und Klavier eröffnet. Im Duo Eß-Kusnezow haben sich zwei junge Ausnahmekünstler mit atemberaubenden musikalischen Entwicklungen zusammengefunden. Christoph Eß begann seine Instrumentalausbildung 1991 im Alter von 7 Jahren an der Tübinger Musikschule, Boris Kusnezow zur gleichen Zeit als fünfjähriger an der traditionsreichen Moskauer Gnessin-Akademie. Während ihrer Schulzeit haben beide mehrmals Preise beim Bundeswettbewerb „Jugend Musiziert“ gewonnen, Christoph Eß sogar 6 Mal den ersten Preis in Solo-, und verschiedenen Ensemblewertungen. Während ihres Musikstudiums waren beide beim Deutschen Musikwettbewerb erfolgreich, sowohl zusammen als Duo als auch in anderen Besetzungen, und wurden damit mehrfache Stipendiaten der „Bundesauswahl junger Künstler“ - als die sie in dem hier angekündigten Konzert auftreten werden.

Inzwischen sind die beiden jungen Musiker auch Stipendiaten anderer renommierter Stiftungen wie z.B. der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Außerdem haben sie mehrere Preise bei bedeutenden internationalen Wettbewerben gewonnen, Christoph Eß z.B. 2005 beim renommierten ARD-Wettbewerb in München. Beide sind in den vergangen Jahren in zahlreichen Konzerten mit namhaften Orchestern als Solisten und daneben mit verschiedenen Kammermusik-Ensembles mit großem Erfolg aufgetreten. Christoph Eß ist zurzeit Solohornist bei den Bamberger Symphonikern. Bei den diesjährigen Festspielen in Mecklenburg-Vorpommern trat er als Solistenpreisträger mehrmals solistisch und kammermusikalisch auf.

 


 

Das Programm

 

Ludwig van Beethoven

Sonate für Horn und Klavier, F-Dur op. 17

Allegro moderato,

Poco adagio, quasi andante

Rondo: Allegro moderato

 

Johannes Brahms

(Programmänderung)

Rhapsodie für Klavier op. 9  Nr. 1

 

Jane Vignery

Sonate für Horn und Klavier

Allegro

Lento ma non troppo

Allegro ben moderato

 

______________________________________

 

Paul Hindemith

Sonate für Horn und Klavier

Mäßig bewegt

Ruhig bewegt

Lebhaft - langsam - Coda

 

Robert Schumann

Adagio und Allegro für Horn und Klavier op. 70

Langsam mit innigem Ausdruck

Rasch und feurig

 

______________________________________

 

als Zugabe schenkten uns die Künstler

ihre Transkription für Horn und Klavier der

Fantasie für Klarinette und Klavier, Op. 73

von Robert Schumann

"die zwar für Violine und Klavier oder auch für das Cello umgeschrieben worden sei;

aber mal sehen, ob es nicht auch für das Horn und Klavier geht..."

 

 


Zum Programm

Hörner von Tieren gehörten zu den ersten primitiven Musikinstrumenten, die der Mensch benutzte. Mit wenigen, dafür aber lauten Tönen eignete es sich vor allem für die Übertragung akustischer Signale. Auch spätere metallische Hörner wurden von Hirten, Jägern, Kriegern, Nachtwächtern und Postkutschern als Signalinstrumente benutzt. Diese Funktion hat das technisch weiter entwickelte eigentliche Waldhorn auch in der neueren Musikgeschichte zum Teil behalten, vor allem in größeren musikalischen Werken wie Symphonien und Opern. Das moderne Horn gehört aber heute nicht nur zu den am angenehmsten klingenden Instrumenten, sondern ist darüber hinaus, bei großem Tonumfang, eins der klangfarbenreichsten Instrumente, auf dem auch schnelle Tonfolgen virtuos gespielt werden können. In diesem Konzert und vor allem am Schluss in Schumanns Adagio und Allegro, wird Christoph Eß souverän die überraschend vielfältigen Klangmöglichkeiten dieses Instruments demonstrieren.

Beethoven hat seine Sonate für Horn und Klavier als Brillanzstück für den besten Hornvirtuosen seiner Zeit - Giovanni Punto alias Jan Vaclav Stich - komponiert und mit diesem am 18. April 1800 in Wien uraufgeführt. Angeblich hat der Komponist das gelungene Werk innerhalb der zwei Tage vor der Aufführung komponiert. Das würde nicht nur für die Genialität Beethovens, sondern auch für die unglaubliche Fähigkeit des Hornisten sprechen, derart anspruchsvolle Stücke innerhalb kurzer Zeit zu lernen oder gar während der Aufführung vom Blatt zu spielen.

Wie ein Motto steht der markante Hornruf am Anfang der Sonate, beantwortet von verspielten Bewegungen des Klaviers. Doch wenig später zeigt auch das Horn seine Beweglichkeit und übernimmt die Melodie vom Klavier. Mit einem besinnlichen Seitenthema und einer in Moll beginnenden relativ kurzen Durchführung entwickelt sich ein ausgewogener klassischer Sonatensatz. Die Möglichkeiten zu harmonischen Modulationen sind durch die Grenzen des damals noch ventillosen Wald­horns beschränkt. Eine kurze langsame Einleitung in f-moll führt über eine kleine Klavierkadenz zum musikantischen Klangfeuerwerk des Schlussrondos, in dem die Themen des ersten Satzes in abgewandelter Form erscheinen.

Brahms hat seine von Melancholie geprägten Intermezzi für Klavier op. 117 „Wiegenlieder meiner Schmerzen“ genannt. Zum Es-Dur-Intermezzo wurde Brahms durch ein schottisches Wiegenlied angeregt, dessen erste Verse er als Motto über das Klavierstück gesetzt hat: „Schlaf sanft, mein Kind, schlaf sanft und schön!“. Die von zarten gebrochenen Akkorden umspielte Melodie umrahmt einen dunklen Mittelteil. Die Stimmung des Stückes gleicht der schwermütigen Rührung eines älteren Menschen bei der Betrachtung eines träumenden Kindes.

Beim B-moll-Intermezzo erscheint aus dunklen schattenhaften Figuren ein melancholisches Thema, auf das zunächst eine tröstende Antwort in Des-Dur folgt. Beim zweiten, jetzt leidenschaftlichen Anlauf bleibt die tröstliche Antwort aus. Mit der in den tiefsten Bass herabsteigenden Kadenz scheint die Musik in der Nacht der Melancholie zu versinken.

Das Cis-moll-Intermezzo ist durch eine ungewöhnliche fünftaktige Periodizität gekennzeichnet, die aus einer Dehnung des jeweils vierten Taktes entsteht und aus der sich der Eindruck lastender Schwere ergibt. Nur an zwei entscheidenden Stellen, im 18. und im drittletzten Takt, bei den einzigen offenen Leidenschaftsausbrüchen, tritt eine weitere Verbreiterung um einen sechsten Takt ein – einer der raffinierten kompositorischen Kunstgriffe des reifen Meisters.

Jane Vignery wurde 1913 in Gent in eine hochmusikalische Familie geboren. Ihr Schicksal ist bemerkenswert: Ihre neben der Komposition begonnene Geigenkarriere musste sie wegen einer unheilbaren Muskelkrankheit aufgeben. 1974 kam sie bei einem schweren Zugunglück ums Leben. In ihrem kleinen Werkverzeichnis, in dem sich Einflüsse des deutschen und französischen Impressionismus vereinigen, ist ihre Sonate für Horn und Klavier das gelungenste Werk, das, mit den anderen in diesem Konzert gespielten Stücken, zu den besten für diese Besetzung zählt.

In der wahrscheinlich 1942 komponierten Sonate werden die technischen Möglichkeiten des Horns, wie z.B. das Stopfen, effektvoll genutzt. Der Aufbau folgt der klassischen Form. Der erste Satz wird mit einem brillanten Hornthema eröffnet, gefolgt von chromatischen Passagen mit gestopftem Horn. Das Klavier beginnt das Seitenthema mit einer lyrischen Melodie, der sich das Horn, zunächst in Gegenbewegung, anschließt. Wie am Anfang des Satzes brilliert das Horn auch an seinem Schluss. Im lyrischen zweiten Satz führt das Klavier das durch Synkopen geprägte Hauptthema ein und setzt dieses unterhalb der später einsetzenden melancholischen Hornmelodie fort. Nach einer dynamischen Steigerung im Mittelteil kehrt die Ruhe des Anfangs am Schluss des Satzes zurück. Der letzte Satz ist ein leichtfüßiges, witziges Rondo. Die humoristische Wirkung des Satzes beruht vor allem auf dem regelmäßig wiederkehrenden Stopfen des Horns.

Hindemith hinterließ ein widersprüchliches kompositorisches Werk. Zunächst als kompromissloser Verfechter der neuen Musik auftretend, versuchte er später, mit einer auf der Natur- und Obertonreihe basierenden Tonsatzlehre, der Musik in einem erweiterten tonalen Raum eine solide Grundlage zu geben. Er realisierte seine musikalischen Gedanken und Projekte in Werkzyklen. Zu diesen gehören auch seine nach 1935 ohne Opuszahlen komponierten Sonaten für alle wichtigen Streich- und Blasinstrumente in Duo-Kombination mit Klavier.

In den drei Sätzen der 1939 komponierten Sonate für Horn und Klavier nehmen beide Instrumente, jedes nach seinen technischen Möglichkeiten, am musikalischen Geschehen teil. Das Horn, begleitet von rhythmischen Figuren des Klaviers, leitet den ersten Satz mit einem kräftigen Motiv ein. Es folgt ein dramatischer zweiter Teil. Eine sanfte Überleitung führt zur Reprise, die mit einer langsamen Coda beendet wird. Der lyrische zweite Satz wird vom Klavier eingeleitet, dem das Horn folgt. In einem zarten Mittelteil wird die sanfte Melodie von verspielten Figuren des Klaviers umrankt. Der Satz klingt leise aus. Der dritte Satz lebt vom Kontrast zwischen springenden rhythmischen und weicheren melodischen Figuren. Er endet mit einer pathetischen Coda. 

1849, in seinem kompositorisch produktivsten Jahr, entdeckte Robert Schumann die gesteigerten spieltechnischen und klanglichen Möglichkeiten des erst kürzlich entwickelten Ventilhorns, das chromatische Tonfolgen erlaubte und den Tonumfang des Horns nach unten erweiterte. Das erste Werk, in dem er die Möglichkeiten dieser Neuentwicklung voll ausschöpfte, war sein hier vorgestelltes Adagio und Allegro op. 70. Allerdings stellte das Werk damals, wie auch heute noch, hohe Ansprüche an das Können des Hornisten, was seine Uraufführung in einer Fassung für Violine erklären mag. Obwohl Schumanns Fassung für Cello auch heute noch häufig gespielt wird, kommen keine Übertragungen auf andere Instrumente in ihrer Wirkung an die Originalfassung für Horn heran.

Im einleitenden Adagio führen Horn und Klavier in schwärmerisch beseelten Kantilenen einen warmherzigen Dialog. Das Allegro, in dem Schumann die virtuosen Kapazitäten des Ventilhorns voll ausschöpft, hat Rondoform. Ein feuriger Hauptteil wechselt mit weichen lyrischen Episoden, in denen melodische und rhythmische Motive des Adagios wiederkehren. Eine effektvolle Stretta beendet das mitreißende Werk.

 

[Zum Programmheft..]


Home | Nach oben | Rezension

 webmaster: dr.weitz@online.de
Stand: 17. September 2010.